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Mein erstes selbständiges Dirigieren....                                                                    

....   erfolgte im April 1925, also mit 11 Jahren: Wir hatten in der ersten Gymnasialklasse einen Lateinlehrer, den wir alle gleich in den ersten Monaten sehr lieb gewannen. Zu seinem Geburts-tag wollten wir ihm eine Freude bereiten. Da Geschenke verboten waren und unsere Latein-kenntnisse nicht ausreichten, um etwas Lateinisches einzustudieren, kam uns der Einfall, ein Kollektiv-Geistes-Geschenk in Form einer Geburtstagsserenade durch eigenes Orchester darzu-bieten.

Es wurde ein Probespiel abgehalten, und wir fanden in unserer Klasse sechs Geiger, einen Cellisten und zwei Klavier spielende Buben. Es gab aber doch sehr schwer zu lösende Probleme:

Die technischen Fähigkeiten der „Orchestermitglieder“ waren bescheiden:
Einige konnten nur mit einem Kreuz oder einem B spielen. Also musste das Werk unbedingt in C-dur oder A-moll gesetzt sein. Woher sollte das Werke kommen, das in solcher Orchesterformation spielbar ist? Und das Werk musste einen dem Geburtstag entsprechenden Charakter haben.

Das letzte Problem, etwas zum Geburtstag Passendes zu finden, habe ich gleich höchstpersön-lich gelöst, indem ich den Werbetanz aus dem Zigeunerbaron auswählte. Ich weiss heute nicht, was ich damals so überzeugend an dieser Idee fand, aber mein Vorschlag wurde jedenfalls ein-stimmig und mit grosser Begeisterung angenommen.

Nach sechs Wochen geheimen Probens postierten wir uns morgens neben dem abgeräumten und blumengeschmückten Lehrerpult und erwarteten das Erscheinen unseres Professors. Um 8Uhr war es dann so weit. Das Aufgehen der Türe war unser Einsatz, und mein erstes, 9 Mann starkes Orchester musizierte mit unerhörtem Elan. Unserem Lehrer blieb der Mund vor Über-raschung und Freude offen.

Es muss ein herzerfreuender Anblick gewesen sein: 11jährige kleine Menschen machten aus eigenem Antrieb mit Begeisterung Musik. Niemand zwang sie. Es war nicht wie bei Erwachsenen, die für ihr tägliches Brot musizieren müssen, obwohl sie gar keine Lust haben.

Unser Lehrer war überglücklich und liess als Dankeschön die erste Stunde ausfallen: mein erstes Honorar.

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